Uzbekistan Airways, Morgenflug von Tashkent nach Moskau.
Ich bereite mir noch schnell einen Kaffee am Buffet des Hostels. Es ist 4.20 AM und mein Taxi wartet bereits vor dem Hause. Gut, denk ich mir und lasse mich nicht stressen, eine Zigarette im stehen geht noch, denn so viel Zeit muss sein. Schließlich hat Roxana vom Hostel mein Taxi für 4.30 bestellt. Ja, ein großes sollte es sein, mein ganzes Gepäck und Fahrrad, schön in seiner Box eingepackt muss ja drinnen auch noch Platz finden.
Pünktlich zur vereinbarten Zeit oeffne ich das Garagentor. Es war tatsächlich kein Lada oder kein Che rolet Matis sondern eine größere Limousine die auf mich wartete. Aber sein Kofferraum war, wie hier so oft, mit einer riesen Gasflasche bereits belegt. Eine Ilusion, mein Fahrrad irgendwo zu platzieren. Fuer eine Rückbank zu breit, fuer den Kofferraum zu hoch usw.Vier Wochen Usbekistan haben mir aber etwas gelehrt und zwar, dass nichts ist unmöglich in Sachen Transport.
Ich zünde mir noch eine Zigarette an, drehe mich um, und lasse dem Fahrer Zeit zum überlegen.
Ich höre nur noch Russisches Gelaber zwischen Nachtportier und Taxifahrer. Der Erste läuft wieder in das Hostel, ich vermute eine Lösung naht, ziehe noch einmal tiefst durch und ehe ich exhaliere kommt er mit einem Kneuel Schnur angerannt. Bingo! Box kommt auf den Kofferraum, die Rueckfenster werden geoffnet und die Waescheleine durchgefaedelt. An den Enden wird ein Rad und das Lenkrad festgebunden. Löcher und schnelle Kurven unerwuenscht. Wir fahren zum Flughafen mit der Limousine und mein Fahrrad an der Waescheleine.
Das Anfahren, bzw die Zufahrt zum Tashkent International Airport ist gesperrt. Eine lange Karavanne hat sich bereits gebildet und wartet auf Einlass.
What the fuck is going on?? frage ich schon etwas angespannter zum Chauffeur. Airport closed, the President must fly. Er war weder echauffiert noch machte er irgend eine zusaetliche Bemerkung. Wenn der President Usbekistans sich fortbewegt, steht das Land still. Das normalste auf der Welt, und das war schon immer so.
Ich halte die Luft inne. Und das ist auch gut so denn fuer das was noch kommt werde ich ein langen Atem brauchen.
Mache mich auf der desperaten Suche eines Trolleys um meine Kiste und Fünf Taschen von der Strasse in das Flughafengelaende ueberhaupt befoerdern zu koennen. Es gelingt mir, allerdings bis zur zweiten Kontrolle. Danach geht eine enge Treppe in die Abflughalle hinauf, sodass ich alles ablade und in drei Läufe die Teile hinauf trage. Kein leichtes Unterfangen. Die Zeit wird knapp aber noch geht es.
Meine Taschen mit Cellophan zusammenwickeln ginge prinzipiell, aber es werden keine USD angenommen. Die Wertvollen SOM hatte ich bereits verpulvert. Wechselstube? ja, allerdings hinter der dritten Sicherheitsschleuse. Mein ganzes hab und Gut bleibt verteilt und unbeaufsichtigt vor dem Eingang liegen, ich lasse die Kontrolle über mich ergehen und laufe im Eiltempo zur Wechselstube. Horrender (offizieller) Kurs aber das ist mir nun egal. Halte Ausschau nach dem Ausgang und laufe zu meinem Gepäck, erfreulich war aber, dass alles unberührt immer noch dort lag wo ich es abstellte.
Bitte alles zusammen wickeln sage ich, und es erfordert Überzeugungsarbeit damit sie dieses Einwilligen. Es klappt. Erneut passiere ich die gleiche Kontrolle allerdings jetzt mit meinem Gepäck und Fahrradkiste. Halte erneut Ausschau auf einem Trolley und renne zum Check-In Schalter.
Höflich empfängt mich der Checkin Mitarbeiter in einem guten Deutsch und bittet mich alles auf die Waage zu stellen, auch mein Fahrrad, darauf füllt er einen Formular aus und bittet mich zur Kasse zu gehen. Ich folge deren Anweisung und bin mir Bewusst dass ich vermutlich für das Fahrrad etwas nachzahlen muss. Die Ernüchterung kommt aber als mich die Kassiererin 540 USD abzwicken möchte.
Kurze Überlegungspause beiderseits. Geistesgegenwärtig bitte ich Sie es mit Ihren Mitarbeitern noch mal zu überprüfen, es handele sich hierbei um ein Sportgerät und nicht schlicht um Übergepäck. Diese Forderung würde wohl einmalig sein im internationalen Luftverkehr.
Sie verlässt das Büro, rennt zum Checkin Mitarbeiter und kommt zurück und bietet mir die Alternative für das Ganze “nur” 135 USD zu zahlen, worauf ich Zähneknirschend den Betrag locker mache und zahle. Es sind jetzt nur noch zwei weitere Schleusen zu passieren und die Passkontrolle bevor ich in mein Gate gelange. Nach den berüchtigten Registrierungszetteln die angeblich man immer und lückenlos bei der Ausreise vorweisen muss fragt jedoch niemand.
Meine Güte dass war ein Akt denke ich noch als ich mich vor dem Gate in einem Stuhl zurücklehne und mit aufgesetzten Kopfhörern Vagif Mustafazade, den Jazz-Idol aus Azerbaijan, entspanne. Minuten danach öffnen sich die Tore und wir können einsteigen. Ich lasse die Masse vor und ärgere mich noch ein bisschen durch die immer noch hohe Gebühr und dass ich keinen Fensterplatz gebucht habe, da kommt der Mitarbeiter vom Checkin erneut auf mich zu und bittet nach meinem Billet. Ich möge dieses Neue annehmen, Uzbekistan Airways möchte sich für die Unannehmlichkeit entschuldigen und bittet mir einen kostenlosen Upgrade auf die Business-Class, zumindest bis nach Moskau. Der Weiterflug mit S7 (code sharing) liegt nicht mehr in deren Macht.
Schon wieder mein Karma, denke ich, während ich mich neben einer Uzbekischen Studentin in Moskau, auf meinem Ledersessel zurückfallen lassen.
Ein Lächeln zieht mein Gesicht etwas auseinander und wir heben ab.
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