Die Querung des Lago Todos Los Santos von Ost nach West, also von Peulla nach Petrohue nimmt Zwei Tage in Anspruch. Dass der erste Teil, nämlich in der ausgedehnten Bucht vor Peulla ruhig sein sollte, steht bei Start bereits fest. Dass aber, die kommenden zwei Tagen sich der See wie in einem Ölbad ohne jeglichen Wellen darstellen würde konnten mir nicht einmal die Einheimischen vorhersagen. Die 3 Knoten Reisegeschwindigkeit kann ich von Start bis Ende einhalten. Schiffsverkehr, bis auf die Fähre was beide Extreme zwei mal am Tag verbindet, ist ebenfalls keines zu kreuzen.
Atemberaubend ist der Anblick ab Km 10, wo der See von seiner NO / SW Ausrichtung, einem, nach einem Felsvorsprung, auf Kurs 270 zwingt. Rechts der schneebedeckte erloschene Vulkan Puntiagudo, „Der Spitze“, und auf Kurs, dem Horizont im Wege stehenden, noch aktiven und letztlich mit Warnstufe Gelb eingestufte Vulkan Osorno. Mächtig, Imposant und Heute Abend mit einer Wolkenhaube gekrönt.
Die Überraschungen scheinen Heute kein Ende nehmen zu wollen, und kurz vor Abend, auf der Suche eines Rastplatzes, ob Bucht, Strand oder Bootssteg, frage ich einem jungen Mann der an einem Steg stizt, von meinem Kayak aus, ob er was dagegen hätte, wenn ich mich an diesem Strand ausbreiten würde. -Ja! antwortet er frundlich, es sei keineswegs eine gute Idee, viel besser sei es ich möge bei Ihm zu Hause übernachten, er wohne ein paar Meter weiter oben mit seiner Frau und Kind.
Ich nehme das Angebot dankend und mit Spannung an. Es ist für mich eine Zwischenetappe auf halber Seestrecke und das Ersparen des Zeltaufbaus begrüße ich sehr. Ich lege an, Mario, so der nette Gastgeber nimmt mich in Empfang und wir erklimmen gemeinsam den Weg den Hang hinauf wo er mit Pamela und die kleine Franzisca wohnt.
Gemütlich ist es bei denen. Er ist 36 Jahre alt, Hauswart bei betuchten Chilenen aus der Hauptstadt, welche hier ein Feriendomizil haben den sie nur 4 Wochen im Sommer besuchen. Natürlich ist das Herrenhaus unten am Strand. Nebenher ist Mario auch ein evangelischer Pastor und sehr Engagiert im Sozialen Bereich und vornehmlich hilft er bei den Toba Indianern in NO Argentiniens mit. Er selbst bezeichnet sich mit Stolz, und dass zu Recht, als Mapuche, also als Ureinwohner dieser Region. Seine Frau ist zehn Jahre jünger und widmet ihre Zeit vorwiegend des Großziehen der kleinen Fran, die als sechsmonatige das Licht erblickte. Und Heute hat Pamela noch zusätzlichen Stress, nämlich den Fremden zu verköstigen. Bäckereien gibt es hier keine, so bäckt jeder daheim sein eigenes Brot. Das tut Pam auch gleich, damit wir zum Abend, neben den Hausgemachten Marmeladen, Butter und frittierte Teigwaren, was gutes zum Vespern haben. Zum trinken gibt es ein Mapuche-Kaffee, aus geröstetem Weizenkorn was vorzüglich schmeckt. Ich werde in Familieninternas eingeweiht, wir schauen uns am Laptop deren Fotos an und bevor die Akkumulatoren zu Ende gehen und das Licht erlischt, verabschieden wir uns mit einer Guten Nacht. Ich mache es mir auf der Couch bequem.
Ich lasse den Tag Revue passieren und ziehe, seit dem ich in Chile bin, gewisse Vergleiche mit meiner Veloreise letzes Jahr nach Zentralasien. Herzlichkeit, Neugier und eine Willkommenskultur die ich weder in Europa noch in Argentinien zu spüren bekomme. Liegt es an mir, weil ich hier anders als in Europa oder in Argentinien fremd bin, den Menschen gegenüber anders begegne? Oder lieg es in der Tatsache dass die mehr entwickelten Länder im Sog des Stresses, der Habgier, des Konsums, die einfachen Dingen im Leben nicht mehr zu schätzen wissen oder so schwer aus ihrer eigenen Haut schlüpfen können? Ohne eine Antwort zu finden schlafe ich ein.
Morgengrauen ist hier ab 8.00 Uhr, und ich nutze die Zeit, runter an den Strand zu marschieren und die Landschaft zu genießen. Tiefe Restwolken zieren das Panorama und beide Vulkane zeigen, Wolkenfrei ihre Spitzen im Morgenrot.
Bis ich wieder in das Häuschen zurückkehre, hat Pamela bereits den Ofen angefeuert. Es dauert nicht mehr lange und wir nehmen noch ein gemeinsames Frühstück ein, bevor ich meine Sachen packe und mich auf die letzte Etappe des Lago Todos los Santos aufmache.
Es war eine wunderschöne Begegnung und wir bleiben, dank den Social Media in Kontakt.
Nur 15 km sind es noch bis Petrohue, in ruhiger See. So ruhig dass ich entschließe die Kreuzung von ca. 10 km weit entfernt von der Küste und auf direktestem Wege zu durchführen. Angekommen in Petrohue, ja gehört auch der Familie Roth bzw. deren Nachfahren, finde ich eine kleine private Unterkunft. Ich nutze den Abend, am Fusse des Osorno Vulkans, um alle nötigen Informationen und Tips für meine Weiterfahrt zu sammeln. Lago Todos los Santos liegt nun hinter mir. Nun geht es weiter per Bus bis Ensenada am Lago Llanquihue, den ich aber nicht paddeln werde, vielmehr geht es morgen, nach einer Portage von einigen Kilometern zum Fluss Petrohue um deren Wasserfällen und Wildwasseretappen zu meiden. Ab dann soll es Flussabwärts gehen bis zur Mündung am Ästuars des Reloncavi zum Pazifischen Ozean.
In diesem Sinne, the journey goes on
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