TAG 200 – Und wieder zurück
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TAG 200 – Und wieder zurück

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A church in Upper Bavaria, Germany
A church in Upper Bavaria, Germany
Es ist tatsächlich ein seltsames Gefühl wieder retour zu sein.

Es ist zweifelsohne ein Abschluss, ein Abschied nehmen. Erleichterung gepaart mit Wehmut. Das Erste, weil ich ohne jegliche Probleme die Reise gut und gesund überstanden habe, das Zweite, weil ich doch einiges zurücklassen musste. Immer dieses Abschied nehmen.

Es besteht auch kein Zweifel darin, dass ich mich nach diesen Moment schon mal gesehnt hatte. Das mir vertraute, die Sprache, das alltägliche Handeln, und dennoch, ist mir wieder so vieles fremd. Wo sind all die Autos die einem anhupen, die Passanten die einem zuwinken? Ja ich weiss, damals bei einem Posting, war mir das auch nicht recht, dennoch….

entering the Alps close to Bad Tölz, Germany.
entering the Alps close to Bad Tölz, Germany.
Aber diese Rückkehr so viel ich mir diese auch gewünscht hatte, konfrontiert mich mit der Realität, diese, die schon immer präsent war aber ich anders wahrnahm. Ja, meine Perspektive hat sich stark verändert. So viel Reichtum und so viel Überfluss. So saubere Wege, Radwege, Parkanlagen, Natur. Es ist ein Genuss, und trotzdem fühle ich eine gewisse Leere. Dekadenz. Ich glaube aus meiner Beobachtung entnehmen zu können, dass hierzulande die Messlatte des Glücks einen falschen Massstab hat. Es soll keine Anmassung sein wenn ich dieses behaupte. Der masslose Konsumismus, die eilenden Menschen auf der Kaufinger-Str., sie rennen von einem Kaufhaus zum nächsten, es ist bizarr. Und ich war mein Leben lang auch nicht anders. Ich prangere niemanden an, ich stelle nur mit entsetzen fest. Der Münchner ist deshalb noch lange kein Schlechtmensch. Keiner ist es. Ganz im Gegenteil, sie sind auch Opfer. Opfer einer Gesellschaft die nach Leistung strebt und durch den Konsum diese knechtet. Es ist eine „hochentwickelte“ Gesellschaft die stets dem Glücke hinterher jagt oder den Sorgen davon. Sie rennen halt. Die meisten mit vollen Taschen im Minutentakt. Ob wir auch dieses ganze Gut auf die lange Reise mitnehmen können? Und hie und da regen sich viele auf, über die so vermeintliche Überfremdung und Islamisierung. An die deutsche Leitkultur muss ich denken, während ich Lederhosen-tragende Männer am Bordstein liegend beobachte, wie diese grölend komische Töne von sich geben. Aber hier mach ich ein Punkt, sonst schweife ich zu sehr vom Thema ab.

Noch in Zentralasien, sehr zu meinem Leiden und auch Opfer von Vorurteilen von Anderen mir gegenüber, radelte ich als der reiche Mann, nur weil ich aus Europa kam. Sehr zu meinem Leiden, weil ich mit pauschalisierenden Vorurteilen nicht klar komme. Auch weil ich den „Schein“ vor dem „Sein“ verachte. Diese Situation war vielleicht die Einzige, die mich ab und zu während meiner Reise dazu bewog, mein vertrautes Alpenland zu vermissen.

Rest at Sylvenstein-Speicher, Upper Bavaria. Germany
Rest at Sylvenstein-Speicher, Upper Bavaria. Germany
Und nun radel ich durch München, Richtung Süden, und es zieren die Strasse, rechts und links prunkvolle Villas, teure Geländewägen und stets wohlhabende Ortschaften, und ich fühle mich bettelarm.
Was hätte ich anders machen müssen um heute so einen Standard haben zu dürfen. Fleiss alleine hat es nicht gebracht. Ich ertappe mich selbst bei dieser Fragestellung und mir wird es unwohl dabei. Die Antwort, während ich die Isar-Auen verlasse, lässt nicht auf sich warten.
Hätte ich diesen hohen (Finanziellen) Lebensstandard erreicht, würde ich vermutlich heute nicht über diese Reiseerfahrung berichten. Hätte auch nicht vieles erlebt was ich, Gottlob, habe in meinem Leben erleben dürfen. Hätte die Distanz zum Beurteilen nie gehabt, und die Sensibilität vermutlich auch nicht. Wäre ein weiteres Opfer gewesen? Wer weiss das schon.

Ist diese Antwort vielleicht ein Trost? Ich weiss es nicht, aber ich fühle mich glücklich. Währenddessen beobachte ich, in einer Jausenstation sitzend, wie ein Nachbar sein Herbstlaub zusammen recht und im Chaos der Natur wieder Ordnung hinzufügt.

Ich lächle, und steige wieder auf mein Fahrrad. Währenddessen weist mir die Sonne des Altweibersommer den Weg, und im Horizont, vor mir, treten schon zum Vorschein, majestätisch meine Alpen.

Danke.

 

Wiesn 2015 or Oktoberfest, the biggest Beer-Party worldwide. Munich, Germany
Wiesn 2015 or Oktoberfest, the biggest Beer-Party worldwide. Munich, Germany
Wiesn 2015 or Oktoberfest, the biggest Beer-Party worldwide. Munich, Germany
Wiesn 2015 or Oktoberfest, the biggest Beer-Party worldwide. Munich, Germany
Resting
Resting
entering the Alps close to Bad Tölz, Germany.
entering the Alps close to Bad Tölz, Germany.
In the Leutasch Valley, Tyrol, Austria, close to home and the very end of this trip.
In the Leutasch Valley, Tyrol, Austria, close to home and the very end of this trip.
A german "çay-evy" or "çayxona" but also offering cakes, beer and pork sausages. :)
A german „çay-evy“ or „çayxona“ but also offering cakes, beer and pork sausages. 🙂
The bridge over the Isar river at Munich
The bridge over the Isar river at Munich
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